“Wenn wir uns aus dem Flugzeug hinausfallen lassen, dann erst einmal die Arme verschränken und den Kopf in den Nacken legen. Schöne Hohlkreuzposition. Irgendwann berühre ich dich an den Händen, dann öffnest du…” Die Erklärungen von Stive, meinem Tandempartner rattern aus seinem Mund. Zum ersten Mal sei er gesprungen, noch bevor ich auf der Welt war – klingt beruhigend. Und im Anblick des Redeschwalls, der mir ohne Punkt und Komma aus seiner Richtung entgegenkommt, kann ich dem auch Glauben schenken.

 

Es ist Donnerstagmittag in Fehrbellin auf dem Flugplatz. Und endlich finde ich Zeit, mein Weihnachtsgeschenk einzulösen: ein Fallschirmsprung aus 4000 m Höhe. Etwas, das seit langem auf meiner To Do Liste steht. Ist der freie Fall wirklich so aufregend? Wie steuert man, sobald sich der Fallschirm geöffnet hat?

Nach der Einführung wird noch schnell unterschrieben – auf alle Gefahren und Risiken bin ich also gefasst. Angst oder Aufregung empfinde ich jedoch selbst nicht, als ich gemeinsam mit Stive und den anderen Tandempaaren im Flugzeug sitze, das uns innerhalb von 15 Minuten an unseren Absprungort hoch über den Wolken befördert.

“Vor einigen Jahren hat das noch eine Dreiviertelstunde gedauert. Damals hat man richtig bemerkt, wie die Luft immer dünner wurde”, erklärt mir Stive. Welche Schritte denn notwendig sind, um alleine zu springen und letztendlich steuernder Tandempartner zu werden, frage ich ihn anschließend, denn in den 15 Minuten soll es schließlich nicht langweilig werden. Sieben Trainingssprünge mit Lehrer umfasst die Ausbildung – ganz schön wenig, wie ich finde, um am Ende ganz eigenverantwortlich aus dem Flugzeug zu fallen.

Doch am heutigen Tag bin ich noch nicht alleine, sondern an Stevi geschnallt. Die ersten Paare haben uns schon gewunken, kurz bevor sie aus dem Schacht, an dem die Schiebetüre des Flugzeuges nun offen steht, “hinausgeweht” wurden. Noch einmal spüre ich, wie von meinem Hintermann die Gurte enger gezogen werden, dann setzen wir uns in Bewegung und robben an den Ausgang. Kaum habe ich meinen Kopf in den Nacken gelegt und frage mich noch, ob diese Position auch wirklich richtig ist, da fallen wir schon.

Kontrolliert ein und aus. Ein und aus. Das Atmen fällt bei diesen Geschwindigkeiten tatsächlich nicht so leicht. Ich öffne und schließe meinen Mund und versuche eine geeignete Technik zu finden, bei der ich auch noch einigermaßen freundlich in die Kamera lächeln und meinen Daumen nach oben strecken kann. Doch zu sehr muss ich mich nicht darauf konzentrieren. Schließlich sollte ich darüber nicht den Genuss des Freien Falls verpassen, denn wir sausen unheimlich schnell nach unten, durch eine Wolke hindurch und auf die Felder zu. Es ist ein wahnsinniges Gefühl und ich wünschte, es würde länger dauern, als die tatsächlichen 50 Sekunden.

Es ist viel weniger ruckartig, als ich es vermutet hatte, als sich der Fallschirm öffnet. Angenehm und weiterhin aufregend ist das Absinken. Stive lässt mich einmal selbst die Leinen in die Hand nehmen und steuern, kurz bevor er das Kommando wieder übernimmt und wir einige Loopings drehen. Auch das Landen wird einmal in der Luft geübt, bevor wir letztendlich auf der Erde aufkommen.

 

Geschafft. Ich stehe wohlbehalten wieder auf festem Grund und bin um eine interessante Erfahrung reicher!