Eine überstürzte Tagesfahrt durch ganz Florida, Nachtwachen am Telefon, Picknick an einer Autokreuzung in Paris … was als Studierendenaustausch zwischen Dresden und Tallahassee anfing entwickelte sich zunehmend in eine Abenteuerfahrt. Welche Hürden die Studierendengruppe von der TU Dresden auf sich nehmen musste, um wieder heil nach Deutschland zu kommen, stelle ich euch in kurzen Episoden über die kommenden Tage hinweg vor.
Teil I – in Florida war es wärmer
23.03 14:55
„Sie dürfen die Drohne hier nicht fliegen lassen!“ Der Mann in dunkler Kleidung mit einer seltsam aufgestülpten Kopfbedeckung blickt uns ernst an. „Aber Ihre Kollegen da drüben haben gesagt fünf Minuten und nicht höher als das Gebäude sei in Ordnung.“ „Sie dürfen das nicht fliegen lassen. In der ganzen Stadt ist das verboten!“ wiederholt der Beamte. Er wartet darauf, dass wir damit anfangen, unsere Drohne wegzupacken, dann wirft er seinen Kollegen im Auto hinter uns noch einen ernsten Blick zu, bevor er sich umdreht und den zur Abfahrt bereitstehenden Wagen besteigt. Schade. Dabei wollten wir doch noch einen kleinen Eindruck vom sonnigen Paris gewinnen – wenn wir hier schon einmal unplanmäßig gestrandet sind.
Leon und ich kehren nach diesem kleinen Intermezzo zu unserer Gruppe zurück. Noch eine Stunde verharren wir an diesem Platz zwischen Bahnhof Nord und Bahnhof Ost. Zwischen diesen hin- und herzulaufen scheint unsere heutige Haupttagesbeschäftigung zu sein. Lediglich unterbrochen von Anrufen und WhatsApp Konversationen über die wir hoffen, doch noch weitere Informationen zu erhalten. Verwundert sind wir alle darüber, dass wir noch kein einziges Mal von den vielen herumschwirrenden Einsatzkräften angesprochen wurden. Obwohl wir zu elft eindeutig zu eng beieinanderstehen und mehrere Stunden in der Pariser Innenstadt herumtingeln. Wer weiß – vielleicht haben sie unsere Situation auch ohne nachzufragen erraten, noch bevor sie auf die Idee kommen, uns ein Bußgeld aufzudrücken.
23.3. 15:40
15:42 Bruxelles
15:57 Lyon
16:02 Limoges
Die Anzeige scheint zu funktionieren. Aber ein Zug fehlt. 15:55 sollte uns ein Wagen nach Köln bring. Unsere bislang letzte Hoffnung. Den Erwerb von Fahrkarten haben wir zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben. Nirgends sind Schalter offen, an den Automaten lassen sich keine Tickets über die Grenze hinweg anzeigen. Jeder schaut noch einmal auf sein Handy. Auch aus Deutschland bekommen wir die Nachricht: Der Zug fährt laut Internetseite pünktlich. Doch auf der Anzeige ist er nicht zu finden. Wir schwirren aus und lassen einige wenige zurück, um unsere Koffer zu bewachen. Zurück kehren wir kaum schlauer als zuvor. Obwohl sie alle freundlich sind, bekommen wir weder aus der Gendarmerie noch den Reinigungskräften oder den SNCF-Security-Angestellten mehr heraus als ein „Schaut auf die Anzeige – es fahren nur die Züge, die hier draufstehen.“ Das einzige was wir bei der Recherche aufsammeln können sind weitere Deutsche, die verzweifelt nach einer Rückreisemöglichkeit suchen.
23.3. 8:30
Ein kollektives Gähnen setzt ein, als wir schließlich mit den Koffern an einem der vielen Ausgänge des Pariser Flughafens angekommen sind. Wer hat wie viel geschlafen? Wer hat sich welchen Film angesehen? Auch ein Kinderquizz ist zum Amüsement aller im Multimediaangebot entdeckt worden. Insgesamt scheinen alle eine recht angenehme Nacht verbracht zu haben – vielleicht sogar dank Covid-19 und einem daraus resultierenden verhältnismäßig leeren Flugzeug. Es wird noch einmal abgestimmt, wie unsere Prioritätenliste der Heimkehrmöglichkeiten aussieht. Flugzeug, Leihwagen oder Zug? Wir diskutieren noch einmal über die Vor- und Nachteile aller Optionen – wenn wir zu diesem Zeitpunkt gewusst hätten, dass wir wenige Stunden später Fuß und Fahrrad mit in die Transportliste aufnehmen müssen, um nicht hoffnungslos in die Zukunft zu blicken, hätte sich diese Unterhaltung sicher anders gestaltet.