Neugierig nach dem ersten Teil meiner Denver-Zusammenfassung? Hier geht’s weiter mit ein paar kleinen Details:

Camera Acting – oder doch eher US-amerikanischer Kulturkurs?

„You know, I do not like the way that the education depends so much on the financial wellbeing of your family”. Es sind noch fünf Minuten, bis Matthew mich an der Kreuzung absetzen wird und ich bleibe noch einige Minuten länger im Auto sitzen, um die Konversation weiterzuführen. Matthew ist Schauspieler. Und nicht nur das, sondern auch Schauspieltrainer am Denver Centre of Performing Arts, bei dem ich in diesem Quarter einen Camera Acting Kurs für Fortgeschrittene besuche. Hauptsächlich unterrichtet er momentan Kinder einer Privatschule. Aber Bildung ist nur eines von wenigen Themen, auf das wir während des Kurses stoßen. Gemeinsam mit den anderen Teilnehmenden erfahre ich, welche Fernsehserien hier bekannt sind, und wie auf welche gesellschaftliche Phänomene reagiert wird. Immerhin sind in Denver ab diesem Jahr die Kitas kostenlos, was eine weitere Teilnehmerin aus unserem Kurs betrifft, deren Sohn bald zwei Jahre alt wird. Oft vergleichen wir auch Regularien und gesellschaftliche Phänomene unserer beider Länder. So entbrennt beispielsweise in einem Kurs die Diskussion über erlaubte Gewaltszenen auf dem Bildschirm versus kaum zu sehender Nacktheit. Es ist spannend, wie offen fast fremde Menschen sich mit mir über solche Themen unterhalten.

International – überall

„When I visited those towns in Nepal, they did not seem to recognize the power of the foreign Global Players”. Ich liebe die Kommentare von Freya. Immer wieder stellt sie Bezüge zu ihrem Herkunftsland Nepal her. Neben ihr und mir aus Deutschland sitzen weitere internationale Studierende im Kurs: aus dem Iran, aus Bangladesch, aus Rumänien. So sehr es für mich spannend ist, mich hier in die US-amerikanische Kultur einzuleben, so sehr ist es interessant, die globalen Sichtweisen kennenzulernen. Und – ein Stück weit gehört das zu dem Klima hier an der Universität in Denver auch dazu. Es herrscht eine unheimlich große Toleranz und Offenheit – nicht nur gegenüber mir als Deutsche sondern Ausländer:innen allgemein. International wird es auch bei meinem ersten Opernprojekt.  “’All’alma‘! Guys, you really have to make this small break – we have a double ‘ll’ here – and what did I tell you about it? Exactly, we need to stop for a millisecond. Can we try again?”. Bereits während meiner ersten Opernprobe kann ich die Mitsänger:innen im Chor um einiges besser verstehen – ähnlich wie sie Schwierigkeiten mit den deutschen ‚O‘s und ‚I’s  haben, tun sich die Opernteilnehmenden aus den Philippinen, Puerto Rico, Ecuador, Japan, den USA und mir aus Deutschland schwer damit, alle Vokale und Konsonanten korrekt zu artikulieren. Vor allem, wenn wir gleichzeitig die Tonhöhe treffen und den eingefügten Triller brillant ausführen möchten. Nicht nur die Mitwirkenden an diesem Projekt sind international aufgestellt. Denn es steht „Alcina“ auf dem Programm – vom deutschen Komponisten Händel geschrieben und auf italienisch im Vereinigten Königreich aufgeführt – welch schönes Zeichen für den friedlichen internationalen Austausch im Bereich der Kunst.

The „German friends“

Kyle ist auf dem Weg zum Flughafen, als ich ihn über Videoanruf erreiche. „To Europe“ verrät er mir, als ich nachfrage, wohin die Reise geht. Er beginnt davon zu erzählen, welche signifikanten Unterschiede zwischen dem Cheerleadingsport in Deutschland und in den USA mir bewusst sein müssen. Auf Kyle bin ich nach einigen Onlinerecherchen auf der Suche nach einem Ort zum Trainieren gestoßen – und genau diese Möglichkeit unterbreitet er in diesem Gespräch auch mir und meinem Trainingspartner Jeroen.

„Yeahh! Welcome. Our German friends!“. Als wir die Halle betreten, werden wir von den Mitarbeitenden auf der anderen Seite der Mattenbahn freudig begrüßt. „You can leave your stuff wherever you like. Our home, your home”. Die Gastfreundschaft ist weitaus größer, als wir sie uns vorgestellt hatten. Wir dürfen die Halle mitbenutzen, bekommen Tipps, schon bald landen die ersten Akrobatikvideos von uns auf dem Instagramm-Kanal des Cheerleading-Clubs. Auch hier wiederholt sich ein Phänomen, das ich in den USA zum ersten Mal richtig erlebt habe: unkompliziertes und ehrliches „ins Herz schließen“ in kürzester Zeit.